Hörschädigung, Gehörlosigkeit und ihre Auswirkungen

Hörschädigung

Diagnosemöglichkeiten zur Feststellung von Hörschädigungen sind in der Medizin bereits für Neugeborene möglich. Die Ursachen, Definitionen und Bezeichnungen für verschiedene Formen der Hörschädigung sind vielfältig und werden nicht immer einheitlich verwendet.

Viele Hörschädigungen nehmen im Leben der Betroffenen einen Verlauf, der nicht vorhersehbar ist und bedingen einen dauerhaften Behandlungs- und Kontrollbedarf.

Bei einigen Formen der Schwerhörigkeit kann die Anpassung von Hörgeräten eine teilweise bis vollständige Hörfähigkeit zum Verstehen von Lautsprache ermöglichen. Bei anderen Hörschädigungen dienen Hörgeräte den Betroffenen lediglich zur Geräuschwahrnehmung, können den Hörverlust darüber hinaus aber nicht ausgleichen. Fehlender subjektiver Gewinn oder subjektives Belastungs- bzw. Schmerzempfinden durch Tragen von Hörgeräten führt bei manchen Betroffenen dazu, Hörgeräte ganz abzulehnen.

Förderung und Rehabilitation

In der Diagnostik, Therapie und Rehabilitation hörgeschädigter Menschen arbeiten sinnvoller Weise Mediziner, Audiologen, Hörgeräteakustiker, Pädagogen und Psychologen interdisziplinär zusammen. Die Hörgerätetechnik befindet sich in dauerhaftem Wandel und stetiger Weiterentwicklung. Vielschichtige Förderkonzepte liegen teilweise im Wandel in Politik und Lehre, vor allem sind sie individuell abzustimmen.

Im Falle der Diagnosestellung - besonders bei Gehörlosigkeit oder Ertaubung im frühen Kindesalter - sehen sich Betroffene häufig unmittelbar einem Methodenstreit gegenüber. Pro und Contra Gebärdensprache ist hier einer der Aspekte, die lebhaft und zumeist kontrovers diskutiert werden.

Gehörlosigkeit und Gebärdensprache

Von Geburt oder Kindheit an gehörlose Menschen untereinander haben in der Geschichte weltweit linguistisch vollwertige Gebärdenprachen hervorgebracht, verbunden mit einer eigenen Gehörlosenkultur. Die internationale Gebärdensprachgemeinschaft gilt als kulturelle Minderheit.

Nicht alle audiologisch gehörlosen oder schwerhörigen Menschen wählen die Gebärdensprache und nicht alle haben Zugang zur Bildung in Gebärdensprache.

Gebärdensprache ist heute ein Hochschul-Studiengang oder kann als staatlich anerkannte Ausbildung an entsprechenden Fachschulen erlernt werden. Gebärdensprachdolmetscher/in wurde in den letzten Jahrzehnten als staatlich geprüfter Ausbildungsberuf und/oder universitärer Studiengang etabliert und zunehmend standardisiert.

Familie und Sozialisation

In der Familie entstehen Besonderheiten für die vermeintlich gewohnten Kommunikationsabläufe, sobald ein Familienmitglied von Hörschädigung betroffen ist oder eine solche langsam (progredient) erwirbt.

Etwa eine plötzliche Spätertaubung stellt für viele Betroffene und ihre Angehörigen nicht selten eine psychosoziale Krise dar.

Die Sozialisation und Kommunikation von hörgeschädigten Kindern in Familien unterscheiden sich grundlegend abhängig davon, ob Eltern gehörlos oder hörend sind und welche Kommunikationsstrategien sie zur Verfügung haben versus erst (neu) erlernen müssen.

Die Erfahrung, ob Laut- oder Gebärdensprache die erste Sprache oder Muttersprache für Betroffene ist, legt eine individuell unterschiedliche Basis für den Verlauf weiterer Förderansätze und Bildungswege.

Hörschädigung im Alter

Für Senioren stellt im Besonderen das Vorliegen einer lebenslangen kulturellen Gehörlosigkeit eine besondere Erschwernis dar, um unter den bestehenden Wohnformen- und Betreuungsangeboten einen den persönlichen Voraussetzungen entsprechenden Versorgungsplatz zu finden.

Das Kommunikationsverhalten vieler kulturell gehörloser Menschen im Alter sowie weitere von der hörenden Kultur abweichenden Aspekte der Gehörlosenkultur können zu Schwierigkeiten und Kommunikationsbarrieren führen bis hin zu Unsicherheiten und Fehlern z.B. in der (Demenz-)Diagnostik gehörloser Senioren.

Literaturhinweis:

„Zur Situation gehörloser Menschen im Alter" (SIGMA) (wissenschaftliche Untersuchung an der Universität zu Köln, 2009-2014)

Inklusion

Auf der Grundlage von rechtskräftig beschlossenen UN-Menschenrechts-Konventionen unterliegen die Bildungs- und sozialen Eingliederungskonzepte für Menschen mit Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit in Deutschland seit einigen Jahren umfassenden Veränderungsprozessen. Die seit den 70er Jahren wissenschaftlich etablierte und praktizierte Sonderschul- und Förderschulpädagogik befindet sich in grundlegendem Umbruch, sowohl strukturell, konzeptionell-inhaltlich als auch personell. Politisch erklärtes Ziel ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft, Bildung und Kultur. Eine darauf gegründete Rechtsprechung spricht allen Menschen unabhängig von Art und Ausprägung einer vorliegenden Behinderung Barriere-freie Teilhabe in Bildung, Kultur und Gesellschaft zu. Gleichzeitig ist in Einrichtungen für Bildung, Kultur, Medizin und Sozialwesen zu beobachten, dass viele Berufsgruppen ohne fachspezifische Vorbereitung oder Ausbildung mit Inklusionsaufgaben beauftragt und betraut werden.

Vertiefende Themenstellungen sind für mich:

  • Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und –grenzen von Hörschädigung,
  • Möglichkeiten und Grenzen technischer Hilfsmittel
  • Bildungs- und Fördermethoden, Aspekte des Methodenstreits
  • Möglichkeiten und Grenzen des Absehens vom Mundbild
  • die Bedeutung von Schriftsprache in Bildung und Kommunikation hörgeschädigter und gehörloser Menschen
  • Kommunikationstaktiken und Kommunikationsverhalten unter hörenden, hörgeschädigten und gehörlosen Menschen
  • Behinderung und Identität