Formative Psychologie

Stanley Keleman –
Gründer der Formativen Psychologie

Werdegang

Stanley Keleman (1931–2018), aus Berkeley, Kalifornien/USA, praktizierte als Chiropraktiker und brachte seine Beobachtungen an verletzten Sportlern in sein Menschenbild und das daraus von ihm entwickelte Konzept der Formativen Psychologie ein.
Er erarbeitete die Grundaspekte seines Konzeptes eng zusammen mit Neurologen wie Nina Bull, Vertretern der Bioenergetik und Joseph Campbell (Literaturprofessor für vergleichende Mythologie, Religionswissenschaft und andere Aspekte menschlicher Existenz). In den achtziger Jahren besuchte er in Deutschland Tagungen von Graf Dyrckheim und beschäftigte sich mit dessen Ansatz der Initiatischen Therapie und den hier vertretenen psychologischen Ansätzen Alfred Adlers oder Sigmund Freuds. Viele Jahre lang gab er einmal im Jahr Workshops zu Traumarbeit in Solingen.
In Berkeley gründete er sein eigenes Center of Energetic Studies. Darin war er bis zu seinem Tod als Leiter der Studien, von Seminaren und mit Einzelarbeit tätig.
Persönlich wandte Keleman seine Kenntnisse bis zum Lebensende in persönlich praktizierendem Selbstmanagement dauerhaft an. Seine erfahrungsgenährte Konzeption differenzierte er dadurch stetig weiter aus. Er schuf über diesen Erfahrungsprozess eine eigene Sprache für sein Konzept, die Methodik und seine Lehre. Zuletzt betitelte er Formative Psychologie als Somatische Bildung.


Zielsetzung

Formative Psychologie beschrieb Keleman nicht als eine heilende Therapieform. Sie ersetzt keine medizinischen Diagnosen und Behandlungen.


In Formativer Arbeit legte Keleman den Fokus darauf, sich beeinflussen zu können. Wirksam ist Formative Psychologie komplementär zur Medizin, besonders in der Prävention vor der Entstehung von Krankheiten und in einem das persönliche Wachstum unterstützenden Selbstmanagement.


Stanley Keleman verbreitete und diskutierte sein Konzept weltweit. Bis heute sind Institute und Praxen für Formative Psychologie weltweit tätig. Details siehe unter internationalformativepsychology.com

Das Menschenbild der Formativen Psychologie

Das Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist


Zur Grundannahme in der Formativen Psychologie zählt, dass Körper, Seele und Geist nicht getrennt voneinander existieren. Vielmehr bilden Körper, Seele und Geist eine Leibeinheit. Unser Körper ist demzufolge kein Objekt unseres Bewusstseins, sondern ein sich organisierender Leib, ein sich lebenslang formender und umformender Organismus. Keleman prägte den Satz „Wir haben keinen Körper, wir sind unser Körper“.


Der evolutionäre Ansatz


Dem Menschenbild Kelemans liegt weiterhin ein biologisch-evolutionärer Ansatz zugrunde. Wir werden demnach ausgehend von der Embryonalentwicklung im Mutterleib mit einem genetischen Programm ausgestattet geboren und mit einem eingeborenen Drang nach Wachstum. Jede Weiterentwicklung unseres Leibes geht dabei mit einer Formveränderung einher. Das menschliche Leben wird als ein sich organisierender formverändernder Prozess verstanden. Als Organismus Mensch sieht Keleman uns verbunden mit und als Teil des Universums, in dem wir leben.


Wie wir tun, was wir fühlen


Theoretisch findet die Tatsache, dass wir einen lebenslangen Prozess der Formveränderung durchlaufen, in der Regel einfach Zustimmung. Keleman widmete sich jedoch im Besonderen der Ebene, unsere Erfahrung in die Formveränderung einzubeziehen. In diese Erfahrbarkeit schloss er Momente quantenphysikalischer Tatsachen und unserer Verbundenheit mit dem Universum, das uns außerhalb unserer selbst umgibt, mit ein.
Vor dem Hintergrund, dass wir in Erziehung und gesellschaftlicher Bildung vorwiegend geschult werden, darauf zu achten, was wir fühlen oder wie wir uns fühlen, sind wir weniger vertraut darin, zu bemerken, was wir tun, damit dieses Gefühl entstehen kann. Dadurch erwächst üblicherweise die Meinung, wir täten gar nichts und das Gefühl sei einfach da und würde von jemand anderem oder einer Situation ausgelöst. Dieser Meinung stellt Keleman ein Menschenbild gegenüber, in dem wir ständig selbst etwas tun, uns organisieren, uns eine Form geben, um in einer bestimmten Situation da zu sein. Unserem Leib wurde die Möglichkeit geschenkt, willentlich neuromuskulären Einsatz zu geben. Mit muskulärem Einsatz lernen wir, mit Erfahrungen umzugehen, die nicht genetisch vorprogrammiert sind. Als zweite Möglichkeit können wir mit muskulärem Einsatz die Entwicklung unseres persönlichen Selbst willentlich gestalten.


Anatomie und Schicksal


Stanley Keleman greift in seinem Menschenbild die These Sigmund Freuds auf „Anatomie ist unser Schicksal“. Aus unserer genetisch angelegten Anatomie heraus verhalten wir uns. Verhalten geschieht in einer Leibform. Ein Verhalten und seine Leibform gehen mit darin anwesenden Emotionen und Gedanken einher.
Wenn wir unser Verhalten ändern wollen, wenn wir uns persönlich gestalten wollen, müssen wir auf unsere anatomische Struktur einwirken.


Beschreibende Konstitutions- und Somatypen


Von Stanley Keleman wurden in Zusammenarbeit mit Joseph Campbell Grundtypen möglicher genetischer Ausstattung als Konstitutions- und Somatypen zusammengefasst. Literatur dazu Myth and the Body
Beide sind nicht pathologisch gemeint, sondern beschreibend als Entwicklungsstrategie und Funktionsstil unserer individuell unterschiedlichen somatisch-emotionalen Strukturen, die wir sind.


Unsere individuelle Leibform – drei Kategorien von Input

Für die unterschiedlichen somatisch-emotionalen Strukturen, die wir im Leben entwickeln, benennt Keleman drei Ebenen der Entstehung.

  • Die genetische Ebene. Wir haben den biologisch in unseren Genen programmierten Input.

  • Die gesellschaftliche Ebene. Wir erfahren familieneigene Verhaltensmuster, werden im Bildungssystem zu einem bestimmten Verhalten trainiert und lernen in unserem sozialen Umfeld aus den hier vorgelebten Verhaltensweisen, uns zu verhalten.

  • Die persönliche Ebene. Wir bilden im Laufe unserer Entwicklung unterschiedliche Reaktions- und Aktionsweisen aus, durch die wir unserem Leib eine individuelle Form geben.

Die Methodik der Formativen Psychologie

Methodisch richtet sich Formative Arbeit auf die Beeinflussbarkeit und die Möglichkeit zum Selbstmanagement unseres Verhaltens, Empfindens und Denkens aus.
Das Alleinstellungsmerkmal in Kelemans Methodik ist die sogenannte Wie-Übung oder Verkörperungsübung. Diese Wie-Methode macht die willentliche Beeinflussbarkeit einer Leibform konkret erfahrbar.


Die Wie-Übung, Verkörperungsübung oder 5 Stufen Methode

Wie-Übungen mit willentlich muskulärem Einsatz ermöglichen, unsere persönlich gewachsenen Verhaltensmuster in unserem Leib erfahrbar zu machen und differenzieren zu lernen.
Wir lernen mit Einsatz der Wie-Methode zu erkennen, auf welche Art und Weise wir unser Verhalten in einer bestimmten Situation in unserem Leib „formen“. Darüber können wir ein Bewusstsein von unseren motorischen Verhaltensmustern und emotionalen Rhythmen aufbauen. Diese zu erkennen und beeinflussen zu lernen ist erforderlich, damit unser Gehirn neues Verhalten organisieren kann. 
Selbstmanagement zu erlernen, geschieht im geschützten Raum.

Schritt 1: Wie bin ich im Augenblick da?

Schritt 2: Wie organisiere ich, wie „mache“ ich das, was augenblicklich da ist?

Schritt 3: Wie beende ich das, was da ist?

Schritt 4: Wie warte ich?

Schritt 5: Wie empfange ich die neue Form, die neue Gestalt und wie bringe ich sie in die Welt?


Durch Wiederholung formativer Übungen dazu, wie wir uns in bestimmten Situationen des Alltags verhalten, organisieren wir neue anatomische Strukturen, mit denen wir unsere Handlungsmöglichkeiten erweitern. Für uns unkomfortable Verhaltensmuster können wir dadurch überwinden.
Willentlich muskuläres Selbstmanagement einsetzen zu lernen, bringt persönliche Zuversicht in ein selbstbestimmtes Leben, Optimismus und Lebensfreude.

LITERATUR 

Verkörperte Gefühle (über mich zu erhalten)
Der anatomische Ursprung unserer Erfahrungen
und Einstellungen
Stanley Keleman / 1. Auflage 2017
ISBN 978-0-934320-08-5

Forme Dein Selbst (über mich zu erhalten)
Wie wir Erfahrungen verkörpern und umgestalten
Stanley Keleman / 1. Auflage 2017
ISBN 978-0-934320-14-6

Formen der Liebe
Das Gestalten von Beziehungen aus somatischer Sicht
Stanley Keleman / Ulrich Leutner Verlag
ISBN 3-934391-10-9

Formen des Leids
Emotionale Verletzungen und ihre Muster
Stanley Keleman / Ulrich Leutner Verlag
ISBN 3-934391-27-3

Myth & the Body
A colloquy with Joseph Campbell
Stanley Keleman , Joseph Campbell 1999
ISBN 0-934320-17-9

Weitere Artikel, Bücher, Interviews und DVDs siehe unter:

www.centerpress.com
www.formative-psychologie.de
www.internationalformativepsychology.com

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